Vernehmlassungsantwort zur Umsetzung der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot»

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Vernehmlassungsantwort zur Umsetzung der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot»

Vernehmlassungsantwort zur Umsetzung des Verbots zur Gesichtsverhüllung (Art. 10a BV): Änderung des Strafgesetzbuches

Wir publizieren die Stellungnahme zur bundesrätlichen Umsetzungsbotschaft zu Art. 10a BV, die wir dem Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) als Initianten der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» abgegeben haben.

Ja zur Umsetzung auf Bundesebene

Das Egerkinger Komitee anerkennt die feststellbare Absicht des Bundesrats, die von Volk und Ständen am 7. März 2021 angenommene Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» gemäss dem Volkswillen umzusetzen. Wir anerkennen insbesondere, dass der Bund dem Anliegen der Kantone – und von uns Initianten – Rechnung trägt und eine Vorlage für eine bundesrechtliche Umsetzung des Verhüllungsverbots ausgearbeitet hat. Wir erkennen in der ausgearbeiteten Umsetzungs-Vorlage und im erläuternden Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens zudem die ehrliche Absicht, die Ziele und Argumente unseres Initiativ- und Abstimmungskomitees ernst zu nehmen und zu berücksichtigen.

Die vorliegende Umsetzung des Gesichtsverhüllungsverbots im Strafgesetzbuch (StGB) halten wir für den richtigen Weg. Die diesbezüglichen Erklärungen des Bundesrats im erläuternden Bericht sind nachvollziehbar. Ein spezifisches Bundesgesetz für ein Gesichtsverhüllungsverbot, wie es beispielsweise in Österreich Realität geworden ist, ist nicht zwingend. Der Vorschlag der Umsetzungsvorlage zeigt klar auf, dass sich die Volksinitiative offensichtlich problemlos und pragmatisch umsetzen lässt und in diesem Zusammenhang während dem Abstimmungskampf geäusserte Bedenken nichts als «Strohfeuer» waren.

Verhüllungsverbot ist auch an Demonstrationen konsequent umzusetzen

Der vorliegenden Gesetzesartikel 332a StGB fasst die Ausnahmen zu grossen Teilen treffend und unmissverständlich zusammen. Für nicht akzeptabel halten wir lediglich Abs. 2 lit. g, welcher beschreibt, unter welchen Bedingungen die Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum «zur Ausübung der Grundrechte der Meinungsäusserungsfreiheit oder der Versammlungsfreiheit» erlaubt sein soll. Die vorliegende Formulierung lässt zu viele Schlupflöcher für missbräuchliche Gesichtsverhüllung bei Demonstrationen offen. Denn in der Praxis wird es den Sicherheitskräften unter Umständen sehr schwer fallen, zu erkennen, welche Personen die Ausnahmen nun geltend machen dürfen und welche im Gegenzug «die Sicherheit und Ordnung beeinträchtigen». Es besteht die reale Gefahr, dass gerade politisch versierte Angehörige extremistischer Gruppen sich mittels ausgeklügelten Vorgehens auf lit. g berufen, um das Verhüllungsverbot an Demonstrationen zu umgehen.

Ein zentraler argumentativer Bestandteil der Verhüllungsverbots-Initiative war von Anfang an, dass kriminell motivierter Verhüllung im Rahmen von Demonstrationen mit einer landesweiten Regelung der Riegel geschoben wird, vgl. unsere Argumente im Abstimmungskampf[1] und im Abstimmungsbüchlein[2]. Es ist der klar belegte Willen des Initiativkomitees und letztlich auch des Souveräns, dass im Rahmen der Umsetzung der Initiative keine Schlupflöcher geschaffen werden, die es Anhängern gewaltbereiter Kreise wie dem «Schwarzen Block» oder der «Antifa» ermöglichen, ein generelles Vermummungsverbot an politischen Demonstrationen zu hintertreiben.

Die im erläuternden Bericht ausgeführten Gründe, unter welchen eine Gesichtsverhüllung an Kundgebungen oder Demonstrationen notwendig seien, überzeugen nicht. Wer an öffentlichen Demonstrationen teilnimmt, musste schon immer damit rechnen, erkannt zu werden und für die Konsequenzen seines Tuns hinzustehen. So hat die Schweizer Rechtsprechung in der Vergangenheit schon mehrfach festgehalten, dass Demonstrationsteilnehmer beispielsweise fotografiert werden dürfen und das Recht am eigenen Bild in dieser Konstellation eingeschränkt ist. Es liegt in der Natur der Sache, dass zwangsläufig mit Reaktionen rechnen muss, wer sich politisch exponiert. Die Angst vor Arbeitsplatzverlust oder anderen negativen Konsequenzen darf nicht als Grund dafür akzeptiert werden, sich an Demonstrationen zu verhüllen. Wer als Migrant oder Asylbewerber in der Schweiz Aufnahme gefunden hat, hat die in unserem Land verbrieften Umgangsformen zu respektieren, wonach freie Menschen insbesondere auch im politischen Diskurs ihr Gesicht zu zeigen haben.

Wenn wir die Gesichtsverhüllung an politischen Demonstrationen im öffentlichen Raum nicht generell verbieten (sofern sie nicht zentraler Bestandteil «künstlerischer und unterhaltender Darbietungen» oder von «Auftritten zu Werbezwecken» ist), wird sich die Frage, wo genau wir die Grenzen ziehen, laufend neu stellen. Grundsätzlich kann jeder Bürger Gründe geltend machen, weshalb es für ihn möglicherweise vorteilhafter wäre, bei der Bekundung seiner Meinung lieber anonym zu bleiben. Es ist nicht Aufgabe des Staates, die oftmals individuellen Wünsche nach Anonymität gegeneinander abzuwägen und zu richten, welche Ausnahme gerechtfertigt ist und welche nicht.

Da die in Abs. 2, lit. e (« (…) bei künstlerischen und unterhaltenden Darbietungen») und lit. f («bei Auftritten zu Werbezwecken») formulierten Ausnahmen auch politische Kunst- oder Unterhaltungs-Darbietungen sowie Werbeaktionen umfassen, wäre auch bei einer Streichung von lit. g aus Art. 332a StGB gewährleistet, dass bildliche Meinungsäusserungen wie z.B. künstlerische Aktionen mit temporärer, zweckgebundener Gesichtsverhüllung möglich sind.

Antrag: Aus all diesen Gründen beantragen wir, lit. g aus Art. 332a StGB zu streichen.

Anwendungsbereiche noch mehr spezifizieren

In Kapitel 4 des erläuternden Berichts wird der Anwendungsbereich des Gesichtsverhüllungsverbots definiert, in Kapitel 5 folgen die dazugehörigen Erläuterungen. Als problematisch stufen wir in Teilen die vom Bundesrat vorgesehene Abgrenzung von «Zugänglichkeit für die Allgemeinheit» zum privaten Raum ein. Mühe haben wir mit der Absicht, dass das Gesichtsverhüllungsverbot in «gemeinsamen Räumen in Mehrfamilienhäusern (Treppenhäuser, Waschküchen, Aufenthaltsräume, gemeinsame Garagen, Spielplätze, Gärten)» nicht gelten soll (Kapitel 5.1.1, Seite 13). Es ist gegenüber der Mehrheitsgesellschaft in der Schweiz unzumutbar, wenn Mieterinnen und Mieter in zu privaten Liegenschaften oder Wohnblöcken gehörenden Aufenthaltsräumen, Gärten oder Spielplätzen die Präsenz ganzkörperverhüllter Frauen hinnehmen müssen. Im Rahmen von für Wohnzwecke vorgesehenen Orten, die einem zum Voraus festgelegten Personenkreis zur Nutzung frei stehen, Vollverschleierung akzeptieren zu müssen, stellt einen unmittelbaren Eingriff in die Privatsphäre von Nachbarn dar, der das Potenzial entfaltet, den gesellschaftlichen Frieden zu stören.

Die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» formulierte deutlich den Anspruch, den zivilen Frieden in der Schweiz zu stärken und die Bildung von Parallelgesellschaften zu verhindern respektive spürbar zu erschweren. Im unmittelbaren Wohnumfeld zu tolerierende Vollverschleierung dagegen führt zu Spannungen unter Nachbarn, die vermehrte «Ghettobildung» zur Folge haben können. Dies, weil die reale Gefahr besteht, dass Vollverschleierung befürwortende Familien weitere Vollverschleierte anziehen und diesen Umstand nicht akzeptierende Nachbarn vermehrt wegziehen. Da die Vollverschleierung der Frau ausschliesslich in radikal-muslimischen Kreisen proklamiert wird, die vielfach auch in weiteren Bereichen im Konflikt mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen, müssen solch voraussehbare und umfassende Integrationsbereiche betreffende Problemfelder im anstehenden Gesetzgebungsprozess zwingend berücksichtigt werden.

Antrag: Wir regen aus den genannten Gründen an, Art. 332a, Abs. 1 wie folgt zu ändern (NEU):

«Wer sein Gesicht an öffentlichen oder an privaten Orten verhüllt, die der Allgemeinheit zur entgeltlichen oder unentgeltlichen Nutzung offenstehen oder die von einem allgemein zugänglichen Ort aus frei einsehbar sind, wird mit Busse bestraft.»

[1] https://verhuellungsverbot.ch/portfolio/schluss-mit-vermummten-chaoten/

[2] https://verhuellungsverbot.ch/wp-content/uploads/2020/12/Kurz-Argumente-Ja-Verhuellungsverbot.pdf

Egerkinger Komitee