Der Bieler Prediger Abu Ramadan ist im Juli 2022 erstinstanzlich der Rassendiskriminierung und des Betrugs schuldig gesprochen worden. Dies ist ein wichtiger Durchbruch, welcher künftig das Vorgehen gegen sogenannte Hassprediger erleichtere. Das Urteil macht deutlich, dass in Moscheen betriebene Hetze hierzulande nicht ungestraft bliebe.
Laut dem «Bieler Tagblatt» vom 23. Juni 2022 waren es Recherchen des Journalisten Kurt Pelda, welche den Fall 2017 ins Rollen gebracht und die Inhalte einer Predigt von Abu Ramadan an die Öffentlichkeit gebracht hatten. Saïda Keller-Messahli, Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam und Autorin, hatte 2017 ihre Recherche-Ergebnisse im «Bieler Tagblatt» präsentiert und dabei unter anderem auf Abu Ramadans Tätigkeit als Reiseleiter hingewiesen wie auch seine Vernetzung in der islamischen Verbandswelt in der Schweiz aufgezeigt. Sie sagt: «Das Urteil wegen Rassendiskriminierung ist bemerkenswert. Es hat grosse Signalwirkung.» Es erleichtere künftig das Vorgehen gegen sogenannte Hassprediger, es mache deutlich, dass schlimme Aussagen in Moscheen hierzulande nicht ungestraft blieben: «Womöglich werden die Männer – es sind ja meistens Männer – in den Moscheen besser darauf achten, was gesagt wird.»
Allein: Gerade der Fall Abu Ramadan hat gezeigt, dass es bei problematischen Predigten den Druck von aussen braucht. Die Gläubigen in einer Moschee seien oft eine verschworene Gruppe, aus der herauszutreten sehr schwierig sei. «Damit arbeiten die Imame, sie wissen, dass nichts nach aussen dringt», sagt Saïda Keller-Messahli. Wichtig sei darum wie im Fall Abu Ramadan die Arbeit der Medien, die strittige Inhalte an die Öffentlichkeit bringen könnten.
Kurt Pelda ist der Meinung, dass die von Keller-Messahli erwähnte Signalwirkung bereits vor dem vorgestrigen Urteil eingesetzt habe. «Es dürfte schwierig sein, in der Schweiz noch solche Predigten zu halten, zumindest in offizieller Position», sagt der Journalist, «denn Imame müssen damit rechnen, dass ihre Worte aufgenommen und den Medien zugespielt werden.» Die meisten praktizierenden Muslime in der Schweiz gehen laut Pelda vor allem ins Freitagsgebet, «und wenn dort solche Auftritte nicht mehr stattfinden, ist das schon mal ein guter Schritt in die richtige Richtung».
Schwieriger wird es, wenn Hassprediger in Privaträume ausweichen, wie dies in Winterthur geschehen ist. Nachdem die Mordaufrufe in der An-Nur-Moschee öffentlich bekannt geworden waren, musste die Moschee schliessen, der Hassprediger wich in Privaträume aus. Verhindern lässt sich dies nicht ganz, und was in Privaträumen gesagt wird, wird auch juristisch anders beurteilt. Der Tatbestand der Rassendiskriminierung beispielsweise setzt Öffentlichkeit voraus.
Allerdings hätten die Nachrichtendienste dazugelernt und würden, wie in Winterthur geschehen, bei entsprechend hinreichendem Verdacht auch Privaträume überwachen. Im Ausland erfolge dies allerdings zum Teil konsequenter als in der Schweiz: «In Italien wäre Abu Ramadan schon lange ausgeschafft worden», sagt Pelda.